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Deutscher und europäischer Verbriefungsmarkt 1. Halbjahr 2012

18.07.2012

Der europäische Verbriefungsmarkt erzielte im ersten Halbjahr (Stand: 10. Juni 2012) ein Neuemissionsvolumen von rund 83 Mrd. Euro und damit gut 100 Mrd. Euro weniger bzw. nur etwa 45% des vergleichbaren Vorjahreswertes in Höhe von 184 Mrd. Euro. Bereits das erste Quartal diesen Jahres erreichte mit insgesamt 52 Mrd. Euro nur etwa die Hälfte des Vorjahres- volumens (102 Mrd.), doch das zweite Quartal fiel nun erneut sowohl absolut als auch relativ gesehen schwächer aus. So wurde im April 2012 mit 11 Mrd. Euro lediglich ein Fünftel des Volumens des Vorjahreswertes erzielt. Im Mai 2012 stieg das Emissions- volumen zwar wieder deutlich auf 17,7 Mrd. an, verfehlte damit aber den Stand vom Mai 2011 immer noch um rund 3 Mrd. Euro. Der Juni 2012 liegt mit bislang vier Emissionen im Volumen von knapp 1,5 Mrd. Euro nur bei etwas mehr als einem Drittel des vergleichbaren Vorjahreswertes.

Der deutsche Verbriefungsmarkt erreichte mit insgesamt fünf Neuemissionen bis Anfang Juni ein Volumen von lediglich 3,9 Mrd. Euro. Damit erzielt Deutschland einen Primärmarktanteil von gerade einmal 4,7% und fällt demzufolge auf Rang 7 in Europa zurück. Von der Tendenz her positiv anzumerken ist jedoch die Tatsache, dass sämtliche deutsche Transaktionen bis auf geringe Einbehalte öffentlich vermarktet oder privat platziert werden konnten. Mit vier von fünf Neuemissionen überwiegt aber- mals das Segment der Auto ABS, bei der fünften Emission („Cosmo Finance“) handelt es sich um eine Mittelstandsverbriefung der Commerzbank.

Erfreulich ist bei der moderaten Volumensentwicklung des Primärmarktes der Blick auf die Vermarktungsseite, da die- se die tatsächliche Aufnahmebereitschaft der Investoren widerspiegelt. Während die Platzierungsquote für den europäi- schen Verbriefungsmarkt im ersten Halbjahr 2011 noch bei mageren 26,9% lag, kletterte sie für das erste Halbjahr 2012 auf Basis von vorläufigen Zahlen auf beachtliche 45%. Im Mai 2012 erreichte sie mit rund 55% sogar den höchsten Wert in diesem Jahr und es konnten erstmals mehr Anleihen platziert als einbehalten werden. Aggregiert konnten somit für 37,6 Mrd. Euro Verbriefungspapiere bei Investoren platziert werden, was zu über 85 % im Wege der öffentlichen Vermarktung und zu 15 % im Zuge von Privatplatzierungen erfolgte. Die höchsten Vermarktungsquoten erzielten hierbei britische Whole Business Securitisations und Consumer ABS (jeweils 100 %) gefolgt von britischen Kreditkartenverbriefungen.

Diese hohen Platzierungsquoten für britische Verbriefungen reflektieren u.a. die gestiegene Nachfrage seitens der europäi- schen Investoren, die aufgrund der Unsicherheit bezüglich des weiteren Verlaufs der Euroschuldenkrise Anlagen in Sterling, d.h. außerhalb des Euro-Raumes, den Status einer „sicheren Trutzburg“ beimessen. Offensichtlich überwiegt die währungsge- triebene Anlagepräferenz bei den Investoren und deutlich steigende fundamentalen Risiken für britische Verbriefungen werden hierbei ausgeblendet.

Die größten Investoren in europäische Verbriefungen waren im ersten Halbjahr 2012 mit 49% Fonds/Asset Manager, gefolgt von Banken mit 38%. Der Anteil der Versicherungen unter den ABS-Investoren liegt nur noch bei 4-5%, was schon als Vorge- schmack auf Solvency II gewertet werden kann. Geografisch entfällt der Löwenanteil beim vermarkteten Volumen mit fast 80% auf Großbritannien, was dem Doppelten des britischen Primämarktanteils von rund 40% entspricht. Ein Großteil des britischen Vermarktungserfolges ist auch US-Investoren geschuldet, die zahlreiche, in US-Dollar denominierte Tranchen britischer Ver- briefungen in Höhe von umgerechnet 8,5 Mrd. Euro im ersten Halbjahr 2012 erwarben. Das große Interesse von US-Investoren an europäischen ABS ist kaum verwunderlich. So titelte die International Financial Review am 2. Juni 2012 (S. 59) bezogen auf den europäischen Verbriefungsmarkt: „… der ABS Markt ist ein sicherer Hafen …“ im Vergleich zu anderen Credit-Marktsegmenten. Bedenkt man, dass die Verluste europäischer Verbriefungen nach der letzten Migrationsstudie von S&P, die Ende 2011 veröffent- licht wurde, weniger als ein Dreizehntel ihrer US-Pendants betrugen, kann man den investorenseitigen Sprung über den großen Teich ins noch sicherere Europa durchaus nachvollziehen. Es wäre wünschenswert, wenn auch europäische Credit-Investoren diesem Umstand mehr Beachtung schenkten, die regulatorischen Klippen in Europa umschifften und alsbald vermehrt wieder in den „siche(re)ren europäischen ABS Hafen“ einliefen – wie ihre US-amerikanischen Kollegen es bereits tun.

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