Website-Icon TSI kompakt

Sustainable-Finance-Beirat der Bundesregierung veröffentlicht 31 Empfehlungen

26.02.2021
Sustainable-Finance-Beiratstellt seine 31 Empfehlungen vor

Am 24. Februar 2021 hat der Sustainable-Finance-Beirat der Bundesregierung (SFB) nunmehr seine 31 Empfehlungen an die Bundesregierung der Öffentlichkeit vorgestellt. Dabei geht er noch über die vorliegende EU-Regulierung hinaus.

Die Arbeit des Beirats geht auf eine Initiative der Bundesregierung aus dem Jahre 2019 zurück, eine nationale Sustainable-Finance-Strategie zu entwickeln. Dazu wurde ein Sustainable-Finance-Beirat der Bundesregierung mit 38 unabhängigen Mitgliedern aus Finanz- und Realwirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft ins Leben gerufen, um diese zu erarbeiten.

Natürlich muss der Beirat in seinen Empfehlungen auch darauf aufbauen, was von der EU-Kommission, der EBA und der EZB dazu bereits vorliegt. Und wie es so ist, wenn verschiedene Institutionen am gleichen Thema arbeiten, werden einige der Vorschläge und Ideen bereits von der regulatorischen Praxis überholt.

Die Handlungsbereiche der Empfehlungen

Die Empfehlungen des Beirats beziehen sich nunmehr auf fünf Handlungsbereiche:

  1. Einen verlässlichen Politikrahmen in Deutschland und der EU für kohärent auf Nachhaltigkeit ausgerichtete Weichenstellungen in der Finanz- und Realwirtschaft
  2. Eine integrierte und zukunftsgerichtete Unternehmensberichterstattung mit Transparenz und Vergleichbarkeit als Grundlagen für nachhaltige Investitionsentscheidungen und ein ganzheitliches Risikomanagement
  3. Forschung und systematischer Wissensaufbau mit Blick auf sich verändernde Kompetenzanforderungen bei Verantwortlichen in Regulierung, Leitung und Aufsicht von Unternehmen, in der Finanzberatung sowie der Öffentlichkeit
  4. Nachhaltigkeitswirksame Finanzprodukte, die den wachsenden Bedarf der Anlegerinnen und Anleger bedienen
  5. Eine institutionelle Verstetigung für die kontinuierliche Begleitung im Rahmen des Transformationsprozesses

Nachhaltige Verbriefungen

Zu den nachhaltigkeitswirksamen Finanzprodukten führt der SFB unter Punkt 24 im Report auch nachhaltige Verbriefungen auf, als ein effektiver Hebel, mit dem Investitionen für die Erreichung von Nachhaltigkeits- und Klimazielen ermöglicht werden können. Im Rahmen der Anpassung des derzeitigen Aufsichtsrahmens für Verbriefungen sollte die nachhaltige Ausrichtung der Kreditvergabe von Banken an Unternehmen, insbesondere an KMU, gefördert werden. Wörtlich heisst es:

„Der Kreditbereich ist ein effektiver Hebel, mit dem Investitionen für die Erreichung von Nachhaltigkeits- und Klimazielen ermöglicht werden können. Nachhaltige Verbriefungen etwa können Investitionsanreize setzen und gleichzeitig Risiken streuen. Zudem könnten sie die korrekte Bepreisung nachhaltigkeitsbezogener Risiken von Finanzierungen durch die Unterfütterung mit zusätzlichen Daten beschleunigen und Anreize dafür setzen, die Logik der EU-Taxonomie auf die Kreditvergabe an- zuwenden. Im Rahmen der Anpassung des derzeitigen Aufsichtsrahmens für Verbriefungen sollte die nachhaltige Ausrichtung der Kreditvergabe von Banken an Unternehmen, insbesondere an KMU, gefördert werden. Der Beirat empfiehlt der Bundesregierung, die Vorschläge der Europäischen Kommission zu unterstützen, die als Teil der neuen Sustainable-Finance-Strategie im Frühjahr 2021 zu erwarten sind und der EBA einen entsprechenden Auftrag zur Prüfung zu erteilen.“

Einordnung der Empfehlungen

Einen der wichtigsten Hebel für Sustainable Finance sieht der Sustainable-Finance-Beirat in den Vorschlägen zur Unternehmensberichterstattung und Informationsinfrastruktur. Er setzt dazu auf der  VERORDNUNG (EU) 2020/852 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 18. Juni 2020 (s. auch TSI kompakt Artikel vom 10. Februar 2021) über die Einrichtung eines Rahmens zur Erleichterung nachhaltiger Investitionen auf, geht aber in seinen Empfehlungen noch über den dort beschriebenen Anwendungsrahmen ( Mitarbeitergrenze: 250 statt 500) sowie die dort verlangten Anforderungen deutlich hinaus.

Manche der Vorschläge würden zudem nicht im privat- und finanzwirtschaftlichen Bereich alleine anfallen, sondern auch Privatpersonen, sofern sie z.B. fremdfinanzierte Gebäude besitzen, treffen. Auch wird eine zeitliche Priorisierung bei der Umsetzung mancher Regulierungen vorgeschlagen.

Wie die neuen Regulierungen auf die Unternehmenslandschaft jenseits der gewünschten ökologischen Ausrichtung wirken werden, wird leider wenig reflektiert. Die anhaltende Politik niedriger Zinsen und Geldmengenausweitung hat über Jahre hinweg den Strukturwandel verlangsamt. So konnten sich überholte Geschäftsmodelle am Leben halten. Viele Unternehmen lebten vom billigen Kredit und der hohen Bereitschaft von Banken und Kapitalmärkten, ihre Geschäftsmodelle weiter zu finanzieren („Zombieunternehmen“).

Mit Blick auf die weiteren legislativen und regulatorischen Aktivitäten auf nationaler Ebene wäre es zu begrüßen, wenn auf ein Gold-Plating verzichtet und eine EU-einheitliche Regulierung angestrebt werden würde. Im Weiteren sollte der Fokus vor allem darauf liegen, wie eine für die Real- und Finanzwirtschaft kosteneffiziente Umsetzung erfolgen kann. Dann hätte europäische Nachhaltigkeit das Potential zur globalen Vorbildfunktion.

Zu den 31 Empfehlungen des Sustainable-Finance-Beirats an die Bundesregierung

Die mobile Version verlassen