Im Zuge der Finanzmarktregulierung kommen mehr und mehr Vorschläge auf den Tisch, die schon beim einfachen Durchschauen Zweifel aufwerfen. „Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde“, so wird meist der kategorische Imperativ Kants zusammengefasst. Er gebietet u.a. der Gesellschaft, ihre Regeln daraufhin zu prüfen, ob man sie auch als allgemeines Gesetz formulieren und anwenden könnte.
Die EBA hat ein neues Konsultationspapier zum Thema Großkreditregime vorgelegt. Auch Verbriefungen wären davon betroffen, unabhängig von ihrer Granularität und egal, in welche Tranche der Investor investiert. Das bedeutet, der Investor müsste zukünftig – sofern ein KI – aktiv prüfen, ob im Transaktionspool Kreditnehmer sind, die er im Direktgeschäft oder bei Investments in andere Verbriefungen im Underlying bereits hat und diese ggf. zu einer Risikoeinheit zusammenführen, die dann dem Großkreditregime unterworfen würde mit allen Konsequenzen.
Bisher galt der Satz „Ein Konstrukt gilt als hinreichend granular, wenn der größte Kredit weniger als 5 % des Gesamtkonstrukts ausmacht“ (Ziff. 47 c des BaFin Rundschreibens 8/11, dass die CEBS Guidelines von 2009 für large exposures umsetzt). ABS Transaktionen bei denen die Granularität über diese Grenze hinausgeht waren bislang schon bei der Bildung von Kreditnehmereinheiten und Großkreditnehmervorschriften einem sehr konservativen Regime unterworfen.
Nun macht es durchaus Sinn, Risikoeinheiten für Großkredite zu bilden um sicherzustellen, dass wenn einer dieser Kunden in finanzielle Schwierigkeiten gerät auch alle Kunden im Blickfeld der Bank sind, die wirtschaftlich eng mit ihm verbunden sind und von seinen Schwierigkeiten direkt infiziert würden. Und es macht durchaus auch Sinn, diesen Gedanken auf Intermediäre wie Fonds, Dachfonds und Verbriefungen auszudehnen und in deren Portfolio durchzuschauen, sofern es wenig granular ist, wie dies bei CMBS Transaktionen z. B. regelmäßig der Fall ist. Diesem Gedanken trägt auch bereits § 18 KWG Rechnung, der fordert, dass Banken ab der Grenze von 750 TEUR Prozesse vorhalten müssen, um Risikoeinheiten zu erkennen. Doch wie soll man sich eine Betroffenheit einer Bank vorstellen bei deren Investments in z. B. Autoverbriefungstranchen, bei denen im Portfolio im Schnitt etwa 100 .000 Kreditnehmer mit einem Durchschnittsbetrag von 10 TEUR und einer maximalen Kreditkonzentration von 200 TEUR liegen und bei der zudem die erwarteten Ausfälle zu mehr als 100 % über den First Loss abgesichert sind und Banken die in diese investieren zudem ihr Investment bereits zu 100 % mit Eigenkapital unterlegen müssen.
Nichtsdestotrotz: Das vorliegende EBA Papier würde auch solche Transaktionen treffen.
So heißt es im Papier:
“ An institution shall take all reasonable steps to identify the obligors of all credit risk exposures underlying a transaction with underlying assets ……..If an institution is not able to fully distinguish the amounts of each of the underlying exposures of a transaction, the institution shall assign the total exposure value to the unknown client.”
Was natürlich weitgehende Folgen für Investments in derartige Produkte hätte, da relative schnell der „unknown client“ alle Großkreditgrenzen sprengen würde.
Auch würde nach dem neuen Entwurf eine Tranchierung, die bereits in den CEBS Guidelines und deren Umsetzung kaum Berücksichtigung findet, überhaupt nicht mehr Rechnung getragen. Zur Begründung heißt es im EBA Papier:
“…all tranches in a securitisation will be treated equally, as if they were a first loss tranche, fully exposed to the underlying names in the pool. In a worst case scenario, as there is uncertainty on which names will default first, subordinated tranches may be absorbed to cover losses of certain names while leaving others totally uncovered. While the EBA acknowledges that this will happen sequentially, there is no certainty that the institution will be able to reassess its large exposures as defaults in the portfolio arise and as the credit enhancement extinguishes.”
Zweifellos: In einem Worst-Case-Szenario für die Bundesrepublik Deutschland, mit einem dramatischen Anstieg der Arbeitslosigkeit über 30 % und mehr würde die oberste Tranche einer Autoverbriefung möglicherweise auch ausfallen. Doch wie wahrscheinlich ist dies? Und welche Folgen hätte es, würde man diese Begründung und den Gedanken verallgemeinern auf alle anderen Investments von Banken?
Die Tranchierung einer Verbriefung hat eine hohe Ähnlichkeit mit der Passivseite einer Bilanz. Jedes Unternehmen hat Eigenkapital, bei Banken etwa 5 %, etwas Mezzaninekapital und Juniorbonds und darüber hinaus viele vorrangige Verbindlichkeiten. Und wie bei einer Verbriefung gibt es eine klare Haftungskaskade, die beim Eigenkapital beginnt. Und selbstverständlich gibt es auch hier im Worst-Case-Szenario keine Sicherheit für den Investor, dass seine vorrangigen Verbindlichkeiten nicht betroffen sind und voll bedient werden. Immer wieder gehen Unternehmen pleite und – wie wir wissen – selbst Banken sind davor nicht sicher. Von daher gibt es keinen Unterschied zwischen einem Investment in einer Seniortranche einer Verbriefung und einer Senior Unsecured Anleihe einer Bank, einer Factoring- oder Leasinggesellschaft oder eines sonstigen Unternehmens. Selbst das mögliche Argument der höheren Korrelation des Underlyings kann meist nicht herangezogen werden, denn sicherlich weisen die Assets einer kleinen Regionalbank im Worst-Case eine höhere Korrelation auf als eine bundesweit gestreute Autoverbriefung. Gleiches dürfte für die Forderungen in der Bilanz von spezialisierten Leasing- oder Factoringgesellschaften oder für viele sonstige Unternehmen gelten. So bestehen die Bilanzen von Großhändlern, die in der Regel hochspezialisiert sind, zu über 50 % aus Forderungen, meist von Unternehmen, die sich in der gleichen Branche tummeln.
Es macht also durchaus Sinn wie bisher verfahren wurde.
Die EBA Begründung lässt sich weder verallgemeinern, noch macht sie bei granularen ABS Investments Sinn.
Zur bisherigen Umsetzung der Bestimmungen zu Kreditnehmereinheiten und Großkreditrichtlinie: