Die Regulierung von Schattenbanken ist ein aktuelles Thema. In keiner Politikerrede oder Zeitungsartikel zur Regulierung fehlt der Hinweis, dass auch Schattenbanken streng zu regulieren seien. Und grundsätzlich kann man nur alle Maßnahmen begrüßen, die die Finanzmarktstabilität erhöhen. Auch die folgenden in der Regel mit der Schattenbankregulierung immer wieder genannten Ziele zur Sicherung der Finanzmarktstabilität sind für jeden leicht nachvollziehbar: Es geht um Verhinderung übermäßiger Engagements in und mit Schattenbanken, um die Schaffung von Transparenz in Bezug auf das unregulierte Schattenbankwesen und vor allem natürlich um die Vermeidung einer Umgehung der Bankenregulierung.
Doch was ist überhaupt eine Schattenbank?
Fragt man einen Politiker, Journalisten oder Wissenschaftler so kommt prompt der Hedgefonds als Beispiel. Jeder Student lernt bereits im Grundstudium, dass ordentliches wissenschaftliches Arbeiten eine genaue und eindeutige Definition von verwendeten Begriffen voraussetzt. Ein Begriff der alles umfasst, alles bedeuten kann, ist inhaltsleer. Und darauf staatliche Maßnahmen aufzubauen ist gefährlich.
Die EBA hat am 19. März diesen Jahres Vorschläge zur Regulierung von Schattenbanken vorgelegt. Nach den Vorschlägen der EBA umfasst die Definition des Begriffs Schattenbank Unternehmen, die Kreditintermediäre sind. Der Entwurf enthält einige Ausnahmetatbestände wie eine direkte oder konsolidierte Beaufsichtigung.
Die im Entwurf vorgeschlagene Definition von Schattenbanken ist unseres Erachtens zu allumfassend, weitreichend und damit alles andere als eindeutig. Sie macht selbst vor der Realwirtschaft nicht halt, denn Kreditintermediation liegt in jedem Unternehmen mit einem zentralen Cash- und Finanzmanagement vor. Die EBA schießt damit über das eigentliche Ziel deutlich hinaus.
Als wesentliche Ursachen für eine Regulierung des Schattenbankensystem nennt die EBA unter 3. 1 Tz. 2 „heavy reliance on short-term wholesale funding and a general lack of transparency which masked the increasing amounts of leverage, maturity and liquidity transformation in the run up to the crisis“. Dieser Analyse kann man im Kern nur zustimmen. Allerdings sollten sich die Vorschriften zur Limitierung von Schattenbanken dann auch auf solche Unternehmen beziehen, die ein entsprechendes Risikoprofil aufweisen. Doch die vorgeschlagenen Leitlinien treffen auch solche Strukturen, bei denen keine erhöhten Risiken bestehen.
Man kann den europäischen Regulierern daher nur empfehlen, die anstehende Schattenbankregulierung so auszugestalten, dass sie sich auf jene Erscheinungsformen beschränkt, die die von ihnen zu recht herausgestellten Risiken beinhalten. Und man kann auch nur empfehlen, dass man dabei eine sorgfältige Abstimmung einer kommenden Schattenbankregulierung mit bereits bestehenden Regulierungen vornimmt und dabei den Interdependenzen der verschiedenen Regulierungswerke Rechnung trägt. Denn was in dem EBA-Papier unter Schattenbanken fällt wird von vielen Regulierungswerken bereits erfasst, viele der Regulierungswerke wurden sogar erst nach der Finanzkrise neu geschaffen.
Und es sollte natürlich auch sichergestellt sein, dass mit einer kommenden Schattenbankregulierung die Realwirtschaft nicht geschädigt wird.
Der europäische Gesetzgeber scheint dies auch so zu sehen, wenn er in Art. 395 (2) der CRR, auf den sich das EBA Consultation Paper stützt, folgende Vorgabe formulierte: „ In developing those guidelines, EBA shall consider whether the introduction of additional limits would have a material detrimental impact on the risk profile of institutions established in the Union, on the provision of credit to the real economy or on the stability and orderly functioning of financial markets.”
Nach der US-Subprimekrise hat der Gesetzgeber der Verbriefungsregulierung besonderes Augenmerk gewidmet. Kaum ein Finanzmarktsegment ist heute derart engmaschig reguliert. Wieso die Verbriefung jetzt in einer Schattenbankregulierung nochmals auftaucht, ist von daher nur schwer nachzuvollziehen.
Special Purpose Vehicles aus gut regulierten Verbriefungen sollten deshalb aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie herausgenommen und in den Kreis der „excluded undertakings“ aufgenommen werden. Ansonsten würden die Exposures der Banken, Versicherungen und Fonds gegenüber Verbriefungs-SPVs faktisch einer doppelten regulatorischen Beschränkung unterliegen und die Eindeutigkeit wäre völlig dahin. Es wäre kurz gesagt das Ende der europäischen Verbriefungsmarktes. Denn in diesem Fall wäre die Bank mit allen Exposures gegenüber sogenannten Schattenbanken, d.h. Anlagen in Verbriefungen, Fonds und Forderungen gegenüber Leasinggesellschaften, Factoringgesellschaften, Finanzierungsgesellschaften etc. auf 25 % des „eligible capital“ limitiert. Eine Anlage in bzw. eine Strukturierung und Rückbehalt von Risikopositionen aus Verbriefungspositionen wäre für Banken dann faktisch aufgrund des negativen Spill Over Effekts nicht mehr möglich.
Wie dies dann mit dem gerade erst im Rahmen der Kapitalmarktunion erklärten Ziel der EU, den europäischen Verbriefungsmarkt zu fördern, harmonieren würde, um die Finanzierungsbedingungen der Realwirtschaft zu verbessern, erschließt sich dem Beobachter kaum.
Nach unserer Auffassung kann es sich bei Schattenbanken daher nur um bisher nicht-regulierte Akteure mit aktiver Geschäftstätigkeit am Kreditintermediationsmarkt handeln, von denen erhöhte Risiken ausgehen. Dass dabei sowohl der Begriff der Kreditintermediation als auch der erhöhten Risiken klar und eindeutig zu definieren ist, versteht sich von selbst.
Wer mehr dazu erfahren will, sollte die Stellungsnahme der TSI zum EBA Papier sowie das EBA Papier zu Schattenbanken selbst lesen.
Zur Stellungnahme der TSI zum EBA Consultation Paper „Schattenbanken“
Auch der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) plädiert dafür, dass Verbriefungen mit realwirtschaftlichem Bezug, die bereits im Rahmen bestehender Regulierungswerke sowie der geplanten STS Verbriefungsregulierung erfasst sind, nicht über eine Schattenbankregulierung vom Markt verdrängt werden. So heißt es dazu in der BDI Stellungnahme u.a.: “Generally, all simple, transparent and standardized securitisations should be excluded from the definition of shadow banking entities to avoid detrimental impact on such securititisations and to avoid that the EU Commission’s initiative to create the capital markets union including an advanced broad and deep securitisation market for simple, transparent and standardised securitisations will be undermined”.