„Woher soll die Finanzierung für Investitionen in die digitale und nachhaltige Transformation der deutschen Wirtschaft kommen?“ Unter dieser Fragestellung fand in Berlin ein politisches Lunch statt, organisiert von der KfW und dem Stiftungsprojekt Kapitalmarktunion in Kooperation mit der TSI. Die rund 25 Teilnehmenden aus Politik, Wirtschaft und Verbänden hörten unter anderem Redebeiträge von Prof. Marc Steffen Rapp von der Philipps-Universität Marburg, Mitautor des Gutachtens „Kapitalmärkte, Wirtschaftswachstum und Transformationsfinanzierung, sowie Dr. Martin Wansleben, Hauptgeschäftsführer der DIHK.
Wachstum und Innovation als Schlüssel zur Transformation
Bernd Loewen, Vorstandsmitglied der KfW, eröffnete die Veranstaltung mit einem klaren Statement: Die Zukunft Europas hänge entscheidend davon ab, ob es gelinge, massiv in die Transformation zu investieren. Bernd Loewen wies darauf hin, dass Deutschland und Europa in zentralen Kapitalmärkten wie dem Venture-Capital-Bereich und bei Verbriefungen deutlich hinterherhinken. Die aktuelle Lage sei gekennzeichnet durch eine ineffiziente Allokation von Ersparnissen, die vielfach ins Ausland abfließen, statt die europäische Wirtschaft zu finanzieren. Daher sei eine Reform des regulatorischen Rahmens für alle Finanzierungsinstrumente in Europa dringend notwendig.
Marathon statt Silver Bullet
Auch Marc Steffen Rapp betonte die Bedeutung von Eigenkapital- und Fremdkapitalinstrumenten, etwa Venture Capital und Verbriefungen, die sich in ihrer Wirkung und Skalierbarkeit gut ergänzen. Es gebe jedoch keine einzelne Lösung („Silver Bullet“) zur Stärkung der Kapitalmärkte. Vielmehr brauche es eine langfristige Strategie, die unter anderem die Reform der Alterssicherungssysteme, eine bessere finanzielle Bildung und den Abbau bürokratischer Hürden in der Finanzmarktregulierung umfasse. Martin Wansleben hob in seinen Ausführungen besonders die verhaltenen Investitionsabsichten der Unternehmen hervor. Er sieht die Politik in der Verantwortung, wieder „gute“ Gesetze zu schaffen, die mit Blick auf die Transformation ein klares Bekenntnis zur Stärkung der technologischen Innovationsfähigkeit auf globaler Ebene widerspiegeln.
Wie fördert man Wandel in einer alternden Gesellschaft?
In der anschließenden Diskussion wurde betont, dass die notwendigen Reformen zwar identifiziert seien, jedoch in der alternden deutschen Gesellschaft nur schwer umzusetzen seien. Die starke Verankerung des Status quo in der Gesellschaft machen Veränderungen politisch schwer durchsetzbar. Wirtschaftsvertreter wiesen darauf hin, dass zudem das Interesse am Unternehmertum aufgrund der derzeitigen Kosten-Ertrags-Relationen abnimmt.
Eine Krise als Chance nutzen
Der Austausch verdeutlichte, dass Deutschlands strukturelle Wirtschaftsschwäche und notwendige Reformen klar benannt werden müssen. Die Bereitschaft zur Veränderung sei letztlich eine Frage der Haltung. Mit dem Ausgang der US-Wahlen und einer Neuordnung der deutschen Bundesregierung könnten Impulse für dringend benötigte Reformen entstehen – so das Fazit des politischen Lunches.