Noch vor Jahresschluss 2012 hat das Baseler Committee ein grundlegendes Konsultationspapier zur Überarbeitung des Verbriefungsregelwerks vorgelegt. Die Kommentierungsfrist läuft am 15. März 2013 aus.
Erinnern wir uns: Amerikanische Subprimeverbriefungen waren nach 2005 von vielen europäischen Banken im Vertrauen auf deren AAA-Rating gekauft worden. Nach den fundamentalen Problemen auf dem amerikanischen Subprimemarkt gab es aber ab Mitte 2007 serienweise Downgrades dieser AAA-Anleihen, oft auf einmal über mehrere Ratingstufen hinweg. Basel II war jedoch der Logik gefolgt, dass AAA geratete Anleihen deutlich, d.h. überproportional, besser in ihren Eigenkapitalunterlegungs-Anforderungen behandelt werden als nachrangige Anleihen, um Banken als Investoren gezielt in diese sehr gut geratete Papiere zu lenken. Vor dem Hintergrund dieser Logik hatten bis zum Ausbruch der Krise nur wenige Banken in den Markt der nachrangigen Anleihen investiert; nun kam es aber mit Ausbruch der Krise zu entsprechenden Downgrades der Anleihen, was extrem stark steigende Eigenkapitalanforderungen für diese Papiere zur Folge hatte und sogenannte Klippeneffekte auslöste. Demnach wurde der ohnehin schon bestehende Verkaufsdruck auf allen Märkten für derartige ABS-Anleihen extrem gesteigert, was entsprechende Auswirkungen auf die Kursentwicklung bedeutete und – sofern die Bestände mit fair value bewertet werden mussten – zu Verlustausweisen nach IFRS führte.
Seitdem stand das Regelwerk in der Diskussion. Erste Änderungen am Verbriefungsregelwerk wurden 2009 im Bereich der Risikogewichte, insbesondere für Verbriefungspositionen des Handelsbuchs und Wiederverbriefungspositionen, vorgenommen. Darüber hinaus wurden den Investoren due-diligence Anforderungen jenseits des Ratings sowie Originatoren von Verbriefungstransaktionen eine Risikobeteiligung auferlegt.
Die Bedeutung des Ratings für Investments in Anleihen wurde bislang jedoch nicht verändert – weder für Verbriefungen noch für andere Anleiheformen .
Jetzt legt Basel einen Vorschlag vor, der an dieser Stelle ansetzt.
Wie bei allen anderen gerateten Anleihen ist die Berechnung der Eigenkapitalunterlegung von Verbriefungspositionen bislang einfach. Sofern ein externes Rating vorliegt, kann aus einer Tabelle die dem Rating zugeordnete Eigenkapitalunterlegung entnommen werden (Rating Based Approach – RBA). Ist die Position nicht geratet – was eher die Ausnahme darstellt – besteht für KSA-Verbriefungspositionen die Möglichkeit der Durchschau, wenn die Zusammensetzung des zugrundeliegenden Pools bekannt ist. Für ABCP Programme und qualifizierte Liquiditätsfazilitäten bestehen hingegen spezielle Regelungen. Für IRBA-Verbriefungspositionen kann zusätzlich ein abgeleitetes Rating ermittelt oder der aufsichtsrechtliche Formelansatz (Supervisory Formula Approach – SFA) bzw. in bestimmten Fällen das interne Einstufungsverfahren (Internal Assessment Approach – IAA) angewendet werden. Lagen die Voraussetzungen für die Anwendung dieser alternativen Berechnungsansätze nicht vor, war die Position mit 1.250% zu gewichten oder vom Kapital abzuziehen.
Nunmehr stellt das Baseler Committee neue Alternativen zur Kommentierung vor, welche die Bedeutung eines externen Ratings bei Verbriefungen relativieren und darüber hinaus die Eigenkapitalunterlegungsquoten mit wenigen Ausnahmen nach oben ziehen würde.
Methodisch stellt sich dabei natürlich die Frage, warum man es nicht bei einer Bereinigung der Klippeneffekte und Arbitrageoptionen im alten Verbriefungsregelwerk belässt und gleich in eine neue Systematik einsteigen will, die im Kern abweicht von der generellen Systematik bei anderen Anleiheformen. Schließlich sind europäischen Banken Risiken nicht nur durch Subprime-ABS Anleihen entstanden, sondern auch durch Bank- und Unternehmensanleihen sowie insbesondere durch Staatsanleihen, wie Griechenland uns lehrt; und auch der Klippeneffekt von einer Nullunterlegung, solange die Anleihe nicht ausgefallen ist, hin zu Eigenkapitalabzug im Falle des Ausfalls ist bei europäischen Staatsanleihen besonders ausgeprägt.
Des Weiteren ist auf den ersten Blick auffällig, dass die neu vorgeschlagenen Eigenkapitalunterlegungen mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer deutlichen Erhöhung der Eigenkapitalanforderungen führen werden, was insgesamt zu einer weiteren Verdrängung von ABS als Refinanzierungsinstrument bei Banken zugunsten des Covered Bonds oder Structured Covered Bonds führen dürfte. Erklärtes Ziel der vorgeschlagenen Regelung soll es zwar sein, regulatorische Arbitrage abzubauen, doch wird der diesbezügliche Blickwinkel ausschließlich auf das Verbriefungsregelwerk beschränkt. Der in diesem Kontext berechtigten Frage, inwieweit eine regulatorische Verdrängung der Verbriefung und infolgedessen Konzentration der Refinanzierung auf andere Formen gedeckter Finanzierung neue Problemstellungen aufwirft, die aus dem Zusammenspiel von Banken-Restrukturierungsrecht und Überbesicherung von Covered Bonds im Falle der Finanzkrise bzw. Bankenabwicklung entstehen könnte, wird in diesem Ansatz nicht nachgegangen. Doch noch ist nichts endgültig entschieden, denn nach der Konsultationsphase, die den Marktteilnehmern noch Gelegenheit gibt, ihre Bedenken einzubringen, folgt eine sogenannte Quantitative Impact Study (QIS).
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Dazu auch die entsprechenden Working Papers:
Jan 2013
No 23 The Proposed Revised Ratings-Based Approach
Jan 2013
No 22 Foundations of the Proposed Modified Supervisory Formula Approach
Weitere LINKs zum Thema: