Was wurde nach der Finanzkrise alles geschrieben über Herdenverhalten und „animal spirits“ auf den Finanzmärkten. Doch langsam stellt sich die Frage, ob wir nicht dabei sind, ein verhaltenspsychologisch begründetes Herdenverhalten durch ein weit gefährlicheres regulatorisch fundiertes Herdenverhalten abzulösen und damit große Spekulationsblasen aufzubauen. Wie anders lässt es sich erklären, was auf den Märkten für Staatsanleihen und Covered Bonds passiert?
Schauen wir uns zuerst Covered Bonds an. Im Einzelnen werden Covered Bonds in den diversen regulatorischen Vorgaben in folgender Weise bevorzugt:
- Liquidity Coverage Ratio (LCR): Covered Bonds werden als einzige private Assetklasse Level 1, also der höchsten Liquiditätsstufe zugeordnet, was gegenüber allen anderen privaten Assetklassen eine Privilegierung darstellt.
- CRR/ Solvency II: Die Kapitalunterlegung fällt bei gut gerateten Covered Bonds im Vergleich zu ABS/MBS, Bank- und Unternehmensanleihen ebenfalls spürbar niedriger aus.
- Bail-in Regime: Bei Insolvenz eines Finanzinstituts werden Covered Bonds in der BRRD im Gegensatz zu den unbesicherten Gläubigern explizit von einer Inanspruchnahme ausgenommen.
- EZB: Zum einen dürfen für Covered Bonds bei der Liquiditätsbeschaffung bei den Zentralbanken geringere Haircuts als für andere private Assetklassen verwendet werden. Zum Zweiten wurden zur Unterstützung der Assetklasse Covered Bonds sogar drei Kaufprogramme eingerichtet, deren aggregiertes Volumen bisher eine zusätzliche „künstliche“ Nachfrage nach gedeckten Anleihen in Höhe von etwa 240 (!) Mrd. Euro entspricht, die neben Covered Bond Risikoaufschlägen auch die gedeckte Neuemissionstätigkeit unterstützt.
(siehe dazu untenstehenden Report der BayernLB)
Regulierung schafft damit einen Gleichklang im Investorenverhalten, die eigene Meinung und Beurteilung tritt zurück hinter der Orientierung an dem Verhalten anderer bzw. an festgefügten regulatorischen Regeln.
Ob wir dabei schon in einer Spekulationsblase uns befinden oder diese noch im Aufbau ist, kann niemand mit Sicherheit sagen. Was man aber sagen kann, ist, dass sich die Investoren im Falle von Staatsanleihen und Covered Bonds in besonderer Sicherheit wiegen und dies im doppelten Sinne: Zum einen, weil ihr Herdenverhalten regulatorisch vorgegeben ist, zum anderen weil der Gesetzgeber für beide Assetklassen ex- und implizit einen Rahmen bereitstellt, der Sicherheit verspricht.
Doch früher oder später könnte dieser Rahmen notwendigerweise ins Wanken kommen; Eigenkapitalunterlegungen von Staatsanleihen sind genauso in der Diskussion wie Schuldenschnitte. Und ob die extrem hohen Überbesicherungen mancher Covered Bonds im Falle einer Bankenrestrukturierung Stand halten, ist ungewiß, wenn der Einsatz von Steuergeldern gegen Investorensicherheit abgewogen wird.
So könnte eine Spekulationsblase, zwangsläufig aufgebaut durch regulatorisch bedingtes Herdenverhalten, in einem normalen panischen Herdenverhalten enden. Es ist an der Zeit zu erkennen, dass die Verletzung von Level Playing Fields für unterschiedliche Risiken in der Regulatorik mit einem hohen Preis einhergehen kann.
Ein interessanter Bericht dazu in folgendem Covered Bond Spezial der BayernLB.
Diese Diskussion wird auch den diesjährigen TSI Kongress 2016 am 28. und 29. September 2016 in Berlin einleiten mit de Eröffnungspanel „Die Zukunft der Verbriefung und Covered Bonds in der Kapitalmarktunion„. Sicherlich eine hoch spannende Diskussion.