Erinnern wir uns: Da startete die EU-Kommission vor gut zwei Jahren ein „Projekt Kapitalmarktunion“ mit dem Ziel, die Finanzierung der europäischen Wirtschaft unabhängiger vom Bankkredit zu machen und damit die Schicksalsgemeinschaft der Realwirtschaft mit den Banken etwas aufzulockern. Und insbesondere die Verbriefung wurde herausgestellt als ein für europäische Verhältnisse probates Bindeglied von Realwirtschaft und Kapitalmärkten. Doch was ist daraus geworden?
Noch bangt der Markt, dass die Verbriefung von realwirtschaftlichen Risiken, d.h. die true sale und synthetische Verbriefung von Firmenkundenfinanzierungen sowie von Handels- und Leasingforderungen unter den neuen STS-Regularien unter die Räder kommt. Was schade wäre und die EU-Intentionen auf den Kopf stellen würde, hat sich das Instrument doch gerade hier sehr bewährt. Doch auch der aktuelle Entwurf der EU-Kommission zur Ergänzung der Solvency II im Zuge der STS-Umsetzung schafft keine neue Hoffnung, denn für ABCPs bliebe demnach alles beim Alten. D.h. sie wären weiterhin mit extrem hohen EK-Unterlegungen aus dem Investmentuniversum von Versicherungen de facto ausgeschlossen. Dabei beinhalten die ABCP-Programme in Deutschland fast ausschließlich realwirtschaftliche Forderungen d.h. Handelsforderungen sowie Leasing- und Autofinanzierungen. Zudem haben sich diese ABCP-Programme über mehrere Kreditzyklen hinweg bestens bewährt.
ABCP-Programme – Backbone of the German industry
ABCP-Programme bieten der deutschen Realwirtschaft eine zuverlässige und nachhaltige Finanzierungsquelle. In Deutschland beteiligen sich knapp 200 Unternehmen mit einem Finanzierungsvolumen von fast 20 Mrd. Euro an solchen Programmen. Infolge der Erfahrungen aus der Finanzkrise, ist in den letzten sieben Jahren der Markt um etwa 150 % gewachsen. Die Performance der Transaktionen ist hervorragend und die erwarteten Verluste derartiger Finanzierungen liegen deutlich unter vergleichbaren Bankkrediten (siehe dazu die TSI Auswertung vom September 2017 )
Die Programme bündeln die Forderungspakete verschiedener Unternehmen und damit auch Forderungsklassen, da sie für ABS-Einzeltransaktionen zu klein wären, und refinanzieren sie in Form von kurzlaufenden Commercial Paper, den ABCPs. Die Laufzeit der ABCPs beträgt dabei max. 1 Jahr, der Schwerpunkt liegt jedoch bei ca. 30 Tagen. Durch die Bündelung und weitere strukturelle Maßnahmen werden attraktive Anlageinstrumente für institutionelle Anleger geschaffen. Typische Anlagevolumen fangen bei ca. 2 – 3 Mio. EUR pro ABCP an und können 100 Mio. EUR oft überschreiten.
Anleger sind typischerweise Versicherungen, Banken und Geldmarktfonds, aber zunehmend auch große Unternehmenskonzerne, die eine sichere Anlage für ihre kurzfristigen Gelder suchen. Die verkaufenden Unternehmen profitieren aus deren Sicht von dem günstigen Einstand der ABCPs. Die Anleger hingegen profitieren von einer höheren Rendite im Vergleich zur Bankeinlage sowie der höheren Sicherheit, da weder eine Bail-In-Gefahr droht noch der Anleger aufgrund des sicheren Underlyings nur von der Bonität der Liquiditätsbank abhängig ist. Somit sind ABCP-Programme für beide Parteien ein günstiges und sicheres Produkt.
Welche Regelungen zu STS sieht die Solvency II Verordnung für ABCP-Programme vor?
Die Bedeutung von Versicherungsunternehmen als Anleger in ABCP-Programme ist derzeit noch gering, weil diese momentan als Typ 2 nach bisheriger Solvency II zu klassifizieren sind. Dies erscheint jedoch nicht sachgerecht, da fully supported ABC“ – wie andere Verbriefungen auch – nicht nur durch ihre Struktur und ein breit diversifiziertes Portfolio unterlegt sind, sondern zudem über eine vollständige Risikoabdeckung durch die Sponsorbank verfügen (ähnlich wie bei einem Covered Bond). Dies macht sie für Investoren besonders sicher. Leider wird in der jetzigen wie auch zukünftigen Solcenvy II diesem Umstand – sollten die Vorstellung der EU Kommission sich so durchsetzen – keine Rechnung getragen.
Anders sieht dies hingegen in der kürzlich reformierten Geldmarktfondsverordnung („MMFR“) aus. Hier wurden anlässlich der Einführung der STS-Regulierung solchen fully supported ABCP-Programmen die gleichen Privilegien eingeräumt wie den STS-Verbriefungen (siehe Art. 11.1 (b) MMFR).
In diesem Zusammenhang ist es wichtig zu berücksichtigen, dass die neue STS-Regulierung auf ABCP-Programmebene Maßstäbe anlegt, die nach einheitlichen Expertenmeinungen europaweit baw kein ABCP-Programm z. Zt. erfüllen kann. Dies liegt zum einen daran, dass nahezu alle Einzeltransaktionen eines Programms STS-konform sein müssten und zum anderen restriktive Laufzeitbeschränkungen bzgl. der zu Grunde liegenden Forderungen (WAL max. 2 Jahre) gelten. Demzufolge müssten fully supported ABCP als Non-STS securitisation unter Ziff 8 des Entwurfes behandelt werden, was für Versicherungsunternehmen ein Investment völlig unattraktiv macht.