Zwei Publikationen zum Thema Green Finance bzw. Sustainable Finance, die kürzlich veröffentlicht wurden, sind für alle, die im Finanzmarkt tätig sind, von hoher Wichtigkeit.
A call for action – Network for Greening the Financial System
Zum einen haben sich führende Finanzaufseher dieser Welt – von den EU-Staaten über China und Japan bis hin zu einigen kleineren Akteuren – des Themas Green Finance angenommen und quasi über Nacht ein „Central Banks and Supervisors Network for Greening the Financial System“ ins Leben gerufen. Auffällig ist, dass die USA hierbei fehlen.
Das Netzwerk betont in seinem Ende April 2019 veröffentlichten „First comprehensive report“ die Gefahren, die vom Klimawandel auf die Finanzmärkte und die Finanzstabilität ausgehen und erarbeitet Vorschläge, wie diesen Gefahren aufsichtsrechtlich begegnet werden könne. Es ist natürlich klar, dass dies aus Sicht des Netzwerkes der Aufseher einschließt, dass sie als Finanzaufseher mehr und weitreichendere Vollmachten und Befugnisse bekommen müssen, um die drohenden Gefahren abzuwehren. Entsprechend werden auf den knapp vierzig Seiten auch vielfältige Regelungsbereiche angesprochen, auf denen der Gesetzgeber tätig werden sollte.
Financing a sustainable European economy
Nur drei Monate später, im Juli 2019, hat die EU-Kommission den „Taxonomy Technical Report“ für Sustainable Finance vorgelegt. Die EU erkennt richtigerweise an, dass die Investitionslücke bei nachhaltiger Finanzierung weniger im Anleihemarkt (Bonds) sondern im Kreditmarkt (Loans) zu suchen ist. Selbst im weitestgehenden Szenario liegt die Lücke im Bondmarkt bei lediglich 42 Mrd. Euro. Bei den kreditfinanzierten Investionen hingegen beträgt sie 586 Mrd. Euro, somit mehr als das Vierzehnfache. Dies macht natürlich die Regulierung des Themas nicht leichter, denn der Kreditmarkt ist kleinteiliger, diversifizierter und vielfältiger als der Anleihemarkt. Und die Verwendung der Kreditmittel deckt entsprechend die ganze Vielfalt einer technisch entwickelten Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft ab. Dafür eine allgemeine Taxonomie zu erarbeiten, ist eine mehr als anspruchsvolle Aufgabe, zumal sich in einer dynamischen, innovativen Wirtschaft, die Rahmenbedingungen ständig ändern. Und trotz eines Reports von über 400 Seiten wird schon beim flüchtigen Lesen deutlich, dass mehr Fragen offen bleiben als beantwortet werden.
Ausblick
Was in jedem Fall deutlich wird ist, dass die Thematik auch alle Finanzinstrumente betreffen wird, die Unternehmens- oder Privatkredite beinhalten. Und während im Taxonomy Report der EU noch davon die Rede ist, dass die Taxonomie nur für jene Produkte gelten soll, die als grüne Investments vermarktet werden (S. 58) kann man nach Lektüre beider Reports doch davon ausgehen, dass hier eine neue Form der Finanzregulierung im Entstehen ist, deren Implikationen und Selbstverständnis weit über die bisherigen Anwendungsfelder von Finanzregulierung hinausgeht.
A call for action – Network for Greening the Financial System
Taxonomy technical report – EU technical expert group on sustainable finance