Am 16. Dezember 2020 wurden die auch als „Quick Fixes“ bezeichneten Gesetzesvorschläge des Capital Market Recovery Package durch den EU-Rat gebilligt und haben somit das Trilogverfahren erfolgreich durchlaufen. Neben Änderungen zur MiFID-II Richtlinie und Anpassungen der Prospektrichtlinie umfasst das Paket insbesondere die Ausweitung der STS-Kriterien auf synthetische Bilanzverbriefungen (STS für Syntheten) sowie Regelungen zu NPL-Verbriefungen. Es ist positiv anzumerken, dass einige kritische Gegenvorschläge keine Berücksichtigung fanden, da sie die Durchführung synthetischer Verbriefungen massiv beeinträchtigt und das angestrebte Ziel der Unterstützung von Kredit- und Realwirtschaft gefährdet hätten. Aus Verbriefungssicht sind mehrere Themenkomplexe betroffen:
STS für Syntheten
Während der politischen Verhandlungen wurden Gegenvorschläge zu vier Punkten gemacht, die eine erfolgreiche Umsetzung gefährdet hätten. Erfreulicherweise wurden sie in der endgültigen Vereinbarung größtenteils positiv gelöst:
- Early Amortisation und nicht-sequentielle Amortisation: Trotz gegenteiliger Vorschläge werden diese erlaubt sein.
- Time Calls: Auch hier gilt, dass Time Calls trotz gegenteiliger Vorschläge erlaubt sind. Als Kompromiss muss der Originator jedoch der zuständigen Aufsichtsbehörde erklären, warum die Ausübung eines Time-Calls nicht auf eine Verschlechterung der Vermögenswerte zurückzuführen ist. Mit anderen Worten, warum die Bank ihre Kreditversicherung nicht gerade dann kündigt, wenn sie benötigt wird.
- Besicherung: Wenn einzelne Verbriefungstranchen von externen Investoren finanziert werden (d.h. der Investor stellt Barsicherheiten) und diese Barmittel beim Originator verbleiben, dann muss dieser Originator Mindestratinganforderungen erfüllen. Es wurden Vorschläge gemacht, die für südeuropäische Banken, deren Ratings durch niedrige Staatsratings gedeckelt sind, eine außergewöhnliche Belastung bedeutet hätten. Es wurde jedoch ein Kompromiss erzielt, der es Banken mit niedrigerem Rating erlaubt, die Sicherheiten zu halten, wenn sie die Erlaubnis ihrer Aufsichtsbehörde erhalten.
- Synthetischer Excess Spread: Es waren Vorschläge in der Diskussion, die Verwendung von synthetischen Excess Spreads (SES) in STS-Transaktionen zu verbieten. Der endgültige Text rückt von solch drakonischen Maßnahmen ab und erlaubt SES vorbehaltlich von Grenzen, durch die EBA festzulegen sind. Der SES muss ein fester Prozentsatz sein, der auf den einjährigen „erwarteten Verlust“ für den Pool begrenzt ist (eine Zahl, die in der CRR genau definiert ist). Aber als Gegenleistung für die Zulassung des SES verlangen die Regeln nun, dass ein noch festzulegender Betrag an zusätzlichem Kapital unter der CRR dem SES-Betrag zugewiesen wird.
CRR
Zusätzlich zu den Änderungen an der STS-Verordnung werden Änderungen an der Eigenkapitalverordnung vorgenommen, um niedrigere Kapitalgewichte für die vorrangigen Tranchen von synthetischen Verbriefungen zu ermöglichen, sofern diese STS erreichen.
Artikel 270
Der vereinbarte Gesetzesentwurf ersetzt effektiv den derzeitigen Artikel 270. Dieser Artikel war eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass synthetische Verbriefungen nicht von den niedrigeren Eigenkapitalanforderungen profitieren können, die für True Sale STS-Verbriefungen gelten. Diese Ausnahme war jedoch auf eng begrenzte KMU-Transaktionen beschränkt und konnte in der Praxis kaum angewendet werden. Die neuen Regeln würden es jeder synthetischen Transaktion, die die STS-Kriterien erfüllt (vorbehaltlich unserer Anmerkung weiter unten), ermöglichen, in den Genuss dieser niedrigeren Eigenkapitalanforderungen zu kommen. Mit anderen Worten: Artikel 270 wird nun auf alle Asset-Klassen (mit Ausnahme von NPLs) ausgeweitet werden.
Zusätzliche Anforderungen der CRR
In den bestehenden CRR-Regeln für True Sale STS-Verbriefungen reicht es nicht aus, dass eine Transaktion STS ist, um von den niedrigeren Kapitalanforderungen zu profitieren. Zusätzliche Kriterien, die über STS hinausgehen, müssen ebenfalls erfüllt werden. Diese Kriterien werden, wenn sie zu den anderen STS-Kriterien hinzukommen, von Marktteilnehmern manchmal als STS+ bezeichnet. Dieses Erfordernis zusätzlicher Kriterien wird für Syntheten beibehalten, die unter den vorgeschlagenen neuen Regeln niedrigere Kapitalanforderungen anstreben. STS+ wird weiterhin relevant bleiben.
Synthetischer Excess Spread
Wie oben erwähnt sieht der politische Kompromiss rund um den SES vor, dass die EBA einen Entwurf für einen technischen Regulierungsstandard (RTS) vorlegt, der die Höhe des Kapitals definiert, das eine Bank, die den SES in einer synthetischen Verbriefung einsetzt, gegen diesen SES aufrechnen muss. Abgesehen von der eigenartigen Vorstellung, dass eine Bank Kapital für einen nicht bilanzwirksamen, zukünftigen Ertrag und nicht für einen Vermögenswert zurücklegen muss, ist zum jetzigen Zeitpunkt unklar, wie dieses zusätzliche Kapital berechnet werden soll. Abhängig vom Ergebnis der Arbeit der EBA könnte es durchaus sein, dass nur wenige, wenn überhaupt, synthetische Verbriefungen mit SES emittiert werden könnten. Dies wirft daher einen Schatten auf Verbriefungen, die SES nutzen wollen. Die Entwürfe der EBA hierzu sind abzuwarten.
Grandfathering
Der Bestandschutz ist unter der vorgeschlagenen Gesetzgebung klar geregelt. Damit eine synthetische Verbriefung, die vor dem Inkrafttreten des neuen Gesetzes emittiert wurde, zu STS wird, muss diese Transaktion lediglich die STS-Anforderung zum Zeitpunkt der Meldung an die ESMA erfüllen. Die Wahrscheinlichkeit, dass der aktuelle Entwurf im Plenum des Parlaments nicht beschlossen wird, ist wohl gering. Daher sollte es für Banken möglich sein, bereits jetzt synthetische Verbriefungen zu strukturieren und zu emittieren mit der berechtigten Erwartung, dass diese in der zweiten Jahreshälfte von den niedrigeren Kapitalanforderungen profitieren können. Um zu vermeiden, dass bestehende Artikel 270-KMU-Verbriefungen, die seit Januar 2019 emittiert wurden, aufgrund der Hinzufügung neuer Kriterien für STS für Syntheten den Vorteil der niedrigeren Eigenkapitalanforderungen verlieren, gewährt der Gesetzentwurf sinnvollerweise einen automatischen Bestandsschutz auch für diese Transaktionen.
Weitere Einordnung der Gesetzesvorschläge
Es ist erwähnenswert, dass dieser Gesetzesentwurf, wenn es um Verbriefungen geht, auch allgemein gültige Regeln ändert. Der Entwurf ändert Regeln in Bezug auf die Verbriefung notleidender Kredite, einschließlich einer neuen Definition von NPL-Verbriefungen und neuen – und sinnvolleren – Regeln zum Selbstbehalt bei NPL-Verbriefungen. Auch ändert und verschärft er die Beschränkungen, wo Verbriefungs-Zweckgesellschaften angesiedelt sein dürfen (in allen Fällen und nicht nur für STS).
Nachhaltigkeit und ESG
Unabhängig von den eigentlichen Zielsetzungen (STS für Syntheten, NPL) wird die EBA wird dazu aufgefordert, bis zum 1. November 2021 zu untersuchen, wie neue Regeln rund um Nachhaltigkeit für Verbriefungen gestaltet werden könnten.
Nächste Schritte und Zeitplan
Es erscheint wahrscheinlich, dass das Gesetz erst im Mai/Juni 2021 in Kraft treten wird. Neben dem für den 8. März zu erwartenden Parlamentsbeschluss laufen die Übersetzungsarbeiten, und der anschließenden Veröffentlichung im Official Journal folgt ein 20-Tagefrist bis zum Inkrafttreten des Gesetzes. Es bleibt zu hoffen, dass die EBA die zu erstellenden technischen Regulierungsstandards zu synthetischem Excess Spread sowie zu Triggern für nicht-sequentielle Amortisationen zumindest in Entwurfsform rasch vorlegt.
Zur Presseerklärung des EU-Rates
Zu den „CMRP: Amendment CRR v2020-12-16“
Zu den „CMRP: Amendment Securitisation Regulation v2020-12-16