Die Transformation der Wirtschaft in Richtung Nachhaltigkeit und Digitalisierung erfordert jährlich dreistellige Milliardenbeträge an Investitionen der deutschen Wirtschaft. In Ländern mit Finanzsystemen wie Deutschland stellt dies für Banken als maßgebliche Finanzierungspartner der Unternehmen eine besondere Herausforderung dar. Banken können nicht das komplette Risiko übernehmen oder würden neben erheblicher Liquidität unrealistisch viel zusätzliches Eigenkapital für die Finanzierung dieser Investitionen benötigen. Sie sollten daher mit Hilfe assetbasierter Instrumente in die Lage versetzt werden, die Transformation finanzieren zu können. Prof. Dr. Andreas Pfingsten und KollegInnen des Instituts für Kreditwesen an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster haben zu diesem Sachverhalt mit finanzieller Förderung durch das Stiftungsprojekt Kapitalmarktunion das Gutachten „Aktive Kreditrisiko-, Eigenkapital- und Liquiditätssteuerung: Eine Analyse assetbasierter Instrumente“ vorgelegt.
Die Studie untersucht, welchen Beitrag Verbriefungen und andere assetbasierte Instrumente zu einer aktiven Kreditrisiko-, Eigenkapital- und Liquiditätssteuerung für die Refinanzierung von Banken leisten können. Die Analyse zeigt, dass insbesondere der Einsatz von Verbriefungen sinnvoll wäre, um die Finanzierung von Investitionen in die Transformation volkswirtschaftlich zu unterstützen. Der zur Begrenzung von Risiken für die Finanzmarktstabilität bestehende Regulierungsrahmen sollte daher mit Augenmaß weiterentwickelt werden.
Ausgangsfragen der Studie
Die Autoren orientieren sich in ihrer vergleichenden Analyse assetbasierter Instrumente zwischen Europa und den USA über die letzten rund zwanzig Jahre an folgenden Leitfragen ein:
- Durch welche Merkmale unterscheiden sich traditionelle (True Sale) Verbriefungen, synthetische Bilanzverbriefungen und Covered Bonds?
- Welche Unterschiede weisen diese Instrumente bezüglich der Kreditrisiko-, Eigenkapital- und Liquiditätssteuerung auf?
- Wo liegen die Unterschiede zwischen dem europäischen und dem US-amerikanischen Markt in Bezug auf Charakteristika und Entwicklung dieser Instrumente?
Schlussfolgerungen hinsichtlich der Regulierung des EU-Verbriefungsmarktes
Hinsichtlich des Vergleichs zwischen Europa und den USA kommen die Autoren zu dem Schluss, dass die negativen Erfahrungen im US-Markt (Große Finanzkrise 2007-08) aufgrund anders gearteter Geschäftsmodelle nicht eins-zu-eins auf die Regulierung assetbasierter Instrumente im europäischen Markt übertragen werden sollten. Obwohl EU-Verbriefungen nicht Teil des Problems während der großen Finanzkrise waren, trägt deren im Verhältnis zu anderen Finanzinstrumenten außerordentlich konservative Regulierung in Folge der Großen Finanzkrise dazu bei, dass das Marktpotenzial von Verbriefungen in Europa nicht ausgeschöpft wird.
Weitere Ergebnisse im Detail
Mit Blick auf den Beitrag assetbasierter Instrumente zur aktiven Kreditrisiko-, Eigenkapital- und Liquiditätssteuerung halten die Autoren folgende Ergebnisse fest:
- Kreditrisikosteuerung
- Eine Bank kann durch die Verbriefung ihrer Forderungen das Kreditrisiko reduzieren.
- Covered Bonds sind grundsätzlich nicht zur Kreditrisikosteuerung einer Bank geeignet, da hierbei kein Risikotransfer stattfindet.
- Eigenkapitalsteuerung
- Covered Bonds sind auch zur Eigenkapitalsteuerung einer Bank nicht geeignet.
- Regulierungsarbitrage wie vor der Finanzkrise ist heute praktisch unmöglich und daher kein Grund für Skepsis gegenüber Verbriefungen.
- Mittels Verbriefungen kann eine Eigenkapitalentlastung erreicht werden, wenn sie einen signifikanten Risikotransfer aufweist. Dies belegen auch die meisten der wenigen empirischen Studie.
- Wenn die verbriefende Bank die emittierten Wertpapiere einbehält, erfolgt keine Eigenkapitalentlastung. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn die Wertpapiere bei der EZB als Collateral eingereicht werden.
- Liquiditätssteuerung
- Covered Bonds und traditionelle Verbriefungen sind zur Liquiditätsgenerierung, zur Reduzierung von Laufzeitinkongruenzen und zur Diversifikation der Refinanzierungsquellen geeignet. Synthetische Verbriefungen erfüllen diese Kriterien nicht.
- Empirische Studien bestätigen diese theoretischen Ergebnisse weitestgehend.
Zur Zusammenfassung der Studie auf der Internetseite des Stiftungsprojektes Kapitalmarktunion