
Heute hat die Europäische Kommission die Gesetzesvorschläge zur Stärkung der Verbriefungsmärkte in Europa veröffentlicht. Das Paket umfasst nicht nur die angekündigten Änderungen der EU-Verbriefungsverordnung (SECR) und der relevanten Teile der Kapitaladäquanzverordnung (CRR), sondern auch die delegierten Rechtsakte zur Liquidity Coverage Ratio (LCR). Die Vorschläge zur SECR und CRR weichen nur in wenigen Punkten von den vor drei Wochen zirkulierten Entwurfsfassungen ab und werden in den gesetzgeberischen Prozess eingebracht. Neu sind die Vorschläge zur LCR, hier ist eine nur 4-wöchige Konsultationsfrist vorgesehen.
Die TSI begrüßt die Vorschläge der Europäischen Kommission grundsätzlich, bieten sie doch die Chance für eine nachhaltige Stärkung der Verbriefungsmärkte und Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit Europas. Nach erster Lektüre wird allerdings deutlich, dass die nach Einschätzung der Europäischen Kommission „ausgewogenen Vorschläge“ zwar eine ganze Reihe von Verbesserungen beinhalten, jedoch unter zahlreichen Einschränkungen und um den Preis einer übermäßigen Komplexität. Hier scheinen Nachbesserungen erforderlich.
Im Folgenden greifen wir einige wesentliche Aspekte mit einer kurzen Einwertung auf:
SECR
- Art. 5: Die angestrebte Vereinfachung der Due Diligence Vorschriften begrüßen wir, da unnötige Doppel- bzw. Dreifachbelastungen reduziert werden, ohne dass es zu qualitativen Abstrichen kommt. Leider könnte die Einführung von zusätzlichen, unverhältnismäßigen Haftungsregeln den gegenteiligen Effekt bewirken.
- Art. 7, öffentliche Verbriefungen: Der Abbau dysfunktionaler Reportingvorschriften ist natürlich richtig. Gleichzeitig ist sicherzustellen, dass die neue, sehr breite Definition von öffentlichen Verbriefungen nicht zu Kollateralschäden führt und bilaterale oder syndizierte Transaktionen plötzlich als öffentlich einzustufen sind.
- Art. 7, private Verbriefungen: Die beabsichtigte Meldepflicht privater Verbriefungen an ein Verbriefungsregister begrüßen wir. Die entsprechende Evidenz haben AFME, EDW und TSI im Rahmen der European Benchmark Exercise (siehe TSI kompakt vom 24. Februar 2025) in den vergangenen 4 Jahren erbracht, bei der 12 europäische Banken im Rahmen eines freiwilligen Reportings wesentlich zur Markttransparenz von des ABCP-Marktes beigetragen haben. Folgende Punkte sind allerdings dringend zu beachten:
- Zielsetzung muss die Markttransparenz auf aggregierter Ebene für die Aufsichtsbehörden sein, so hat es auch die Europäische Kommission formuliert.
- Das Reportingtemplate muss stark reduziert und auf Transaktionsebene anstelle von Loan Level Daten konzipiert werden.
- Das Reportingtemplate muss gemeinsam von den ESAs, dem SSM und Markteilnehmern erarbeitet werden und bestehende Doppelreportings ersetzen.
- Die gemeldeten Daten werden nur im Aggregat veröffentlicht.
- Zusätzliche Haftungsrisiken für Marktteilnehmer von innerhalb und außerhalb der EU dürfen nicht entstehen.
- STS-Kriterien: Einige begrüßenswerte Nachbesserungen sind in den Gesetzesvorschlägen bereits enthalten, so beispielsweise die realistischeren Kriterien zur Anerkennung von SME Transaktionen durch die Absenkung der Untergrenze von aktuell 100 % auf 70 %. Allerdings gibt es weitere sinnvolle Anpassungen wie beispielsweise die Vereinfachung, dass nicht zwingend eine SPV verwendet werden muss bei Transaktionen, die nur durch eine Bank finanziert werden. Das spart Kosten und reduziert die Komplexität, ohne dass zusätzliche Risiken entstehen.
CRR
- Die vorgesehene Reduzierung überproportionaler Kapitalvorschriften geht in die richtige Richtung. Allerdings ist eine ausführlichere Bewertung der Vorschläge durch die Banken abzuwarten – für eine schnelle Einschätzung sind die Regeln zu komplex. Es ist nicht auszuschließen, dass die Auswirkungen bei einigen Banken nur sehr gering oder sogar negativ sein könnten.
- Die Einführung einer zusätzlichen Kategorie von „resilienten“ Verbriefungen birgt das Risiko einer weiteren Fragmentierung des Marktes und erhöhter Kosten. Es scheint, als ob durch eine stark angezogene Handbremse weiterhin Schritttempo in einer Tempo-30-Zone gelten soll.
- Die geplante Berücksichtigung von STS für synthetische Bilanzverbriefungen mit Versicherungen begrüßen wir. Es bleibt abzuwarten, ob die Voraussetzungen für eine größere Anzahl an Versicherungen darstellbar sind.
LCR
- Die geplanten Anpassungen in der LCR bedürfen einer genaueren Analyse und Bewertung durch involvierte Banken. Da Verbriefungen über eine im Vergleich zu Covered Bonds mindestens ebenso hohe Marktliquidität verfügen, müssen die Maßnahmen dazu führen, dass Banken durch die Aufnahme von Seniortranchen aus Verbriefungen ihre Liquiditätsportfolien diversifizieren können. Die Auswirkungen auf die Finanzmarktstabilität sind positiv.
Relevanz für die SIU und Wettbewerbsfähigkeit Europas
Als erstes Paket im Rahmen der Saving und Investment Union (SIU) wird die erfolgreiche Umsetzung dieses Gesetzesvorhabens für alle beteiligten Parteien im politischen Prozess von hoher Bedeutung sein und eine Signalwirkung auf die folgenden, sicherlich noch relevanteren Themengebiete im Rahmen der SIU haben.