
Was kann Künstliche Intelligenz wirklich leisten – und wo liegen ihre Grenzen?
Diese Frage zog sich wie ein roter Faden durch die Fachtagung des Stiftungsprojekts Kapitalmarktunion, die am 13. Juni 2025 an der EBS Universität in Oestrich-Winkel stattfand. Experten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik diskutierten, welche Rolle Künstliche Intelligenz (KI) künftig in der Realwirtschaft und Finanzwelt sowie in der Gesetzgebung – und im Leben jedes Einzelnen spielen wird.
Produktivitätsbooster mit nicht genügend Schub?
Gleich zum Auftakt nahm Prof. Marianne Saam (Universität Hamburg/ZBW) das Publikum mit auf eine volkswirtschaftliche Reise: Welche realen Effekte kann KI auf das langfristige Wirtschaftswachstum haben? Zwar wächst die Rechenleistung exponentiell, doch das sogenannte Produktivitätsparadoxon bleibt: Damit KI einen nachhaltigen Schub von über 0,5 Prozentpunkten pro Jahr leisten kann, müssen viele Faktoren zusammenspielen – unter anderem eine breite Anwendung in mindestens 40 Prozent der Unternehmen und deutliche Effizienzgewinne bei einem Drittel der Jobs.
Hightech trifft Finanzmärkte
Wie sich diese womöglich steigern ließe, zeigte Gereon Stalter (studentischer Vertreter der EBS Universität) am Beispiel von KI-gestütztem Devisenhandel. Seine Präsentation zu „quantum-inspired optimization“ machte deutlich, wie sich Geschwindigkeit im algorithmischen Handel durch moderne KI-Technologie deutlich steigern lassen.
Auch Prof. Raša Karapandža (EBS/NYU) bot einen faszinierenden Blick unter die Motorhaube der KI: Er erklärte die Funktionsweise von Large Language Models (LLMs) – und diskutierte mit dem Publikum, wann Maschinen den Menschen bei Entscheidungsfindungen sogar übertreffen können.
Praxisbeispiele mit strategischem Mehrwert
Spannend wurde es bei den konkreten Anwendungsfällen: Fabian Tomaschek (BDO) und Annelie Gallon (Appinio) zeigten, wie KI in Finanz- und Rechtsdienstleistungen bereits heute echten Mehrwert stiftet. Die Botschaft: KI kann weit mehr als automatisieren – sie kann Entscheidungen verbessern und Innovation fördern.
Appell der Politik
Zum Abschluss forderte Armand Zorn (stellvertretender Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion) in seiner Keynote ein Umdenken: Datenschutz sei wichtig, aber ohne geregelte und sinnvolle Datennutzung verschenke Europa Potenzial. Er plädierte für mehr regulatorische Kohärenz und digitale Souveränität – vor allem in Zeiten wachsender Desinformation.
Fazit: Ganzheitlich denken
Die Tagung machte deutlich: Künstliche Intelligenz ist kein rein technisches Thema. Sie berührt Grundfragen des Wirtschaftens, des politischen Handelns – und des gesellschaftlichen Zusammenlebens. Nur mit einem ganzheitlichen Ansatz lässt sich ihr Potenzial sinnvoll und verantwortungsvoll nutzen.