Die Vernunft setzt sich am Ende durch. Die EBA hat Anfang Dezember ihre lang erwarteten, finalen Entwürfe der technischen Standards für die Großkreditregelungen sowie den Selbstbehalt und die Due Diligence-Anforderungen veröffentlicht. Zwar können diese theoretisch noch verändert werden, dies ist aber eher unwahrscheinlich. Ein Inkrafttreten ist bis Ende Januar/Anfang Februar zu erwarten.
Das große Sorgenkind, das neue „Large Exposure Regime“, welches im ersten Entwurf eine komplette Durchschau durch alle zugrunde liegenden Forderungen verlangte, wurde nunmehr vernünftig und handhabbar gelöst. Zentrale Neuerung ist die Einführung einer kombinierten Granularitäts-/Materialitätsschwelle, wonach nur solche Underlyings im Großkreditregime zu betrachten sind, die über 0,25 % des haftenden Eigenkapitals (nach Basel III) liegen. Dadurch werden insbesondere granulare Portfolien, beispielsweise in Autoverbriefungen oder ABCP-Conduits, sowie betragsmäßig kleinere Investments in ABS von der Durchschau ausgenommen. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Anerkennung des partial use. Danach muss nicht mehr die komplette Transaktion der Durchschau oder dem unknown client zugeordnet werden, obwohl nur ein Teil des Portfolios über der 0,25%-Schwelle liegt. Für die Praxis ist das ein entscheidender Fortschritt und dürfte ein Großteil der deutschen Verbriefungstransaktionen von der Notwendigkeit zur Durchschau entbinden. Auch Multi-Seller ABCP-Programme dürften davon profitieren, da die Sponsoren für ihre gestellten Liquiditätslinien weitgehend von der Durchschaupflicht befreit werden und ihre Transaktionen nur noch – wenn überhaupt – zu einem erheblichen kleineren Teil dem „unknown client“ zuordnen müssen. Gleiches gilt für regulierte ABCP-Investoren.
Leider nicht umgesetzt wurde die Forderung nach einer Übergangsfrist bzw. einer Fortsetzung des Grandfathering für vor 2011 bestehenden Transaktionen. Ferner berücksichtigt die neue Großkreditregelung keine Credit Enhancements oder nachrangige Tranchen. Ob dies noch korrigiert werden kann ist eher fraglich.
Auch die Diskussion um die Erfüllung des 5 %igen Selbstbehaltes bei Stellung von fully supported Liquiditätslinien wird durch die neue RTS beendet. Solche Liquiditätslinien werden nun eindeutig als Selbstbehalt des Sponsors anerkannt. Die Anforderungen an Due Diligence und Stress-Testing wurden an die Marktgegebenheiten bzw. die Spezifika von ABCP-Programmen angepasst (z.B. keine loan-by-loan Betrachtung). Insbesondere der verlangte Stresstest beschränkt sich bei fully supported ABCP-Programmen auf die Kreditwürdigkeit der Liquiditätsbank und nicht auf die zugrunde liegenden Portfolien, womit eine Forderung der TSI erfüllt wurde.
Insgesamt lässt sich festhalten, dass die neuen RTS für die Verbriefungsindustrie in Deutschland ein positives Signal senden und viele Probleme und Unsicherheiten beseitigen. Wenigstens zwei Sorgen weniger vor Weihnachten.
(Für die TSI kommentierte Volker Meissmer, LBBW)
Zu den beiden Regelwerken
Zum neuen Entwurf der EBA zu den RTS large exposure
Zum neuen Entwurf der EBA zu den RTS retention of net economic interest