Wenn Europa mit Verbriefungen grüner werden soll, dann geht wohl Gründlichkeit vor Schnelligkeit. Bei den Verhandlungen zum European Green Bond Standard (EuGBS) zeichnet sich ab, dass Verbriefungsfragen erst im weiteren Prozess behandelt werden sollen. Im Zuge der Diskussion um spezifische Transparenzanforderungen für Verbriefungen während vorhergehender Trilog-Sitzungen offenbarten sich unterschiedliche Positionen sowohl zwischen als auch innerhalb der europäischen Ko-Gesetzgeber Rat und Parlament. Vor diesem Hintergrund hat die Kommission im September einen Vorschlag der EBA aufgegriffen und angeregt, den EuGBS zwar auf Verbriefungen auszudehnen, aber darüber hinaus mit zusätzlichen Transparenzanforderungen zu versehen (s. auch TSI kompakt vom 14.10.2022).
Die Themen der Einigung in der Übersicht
Im nunmehr fünften Trilog am 28. Februar haben Rat und Parlament nach zweieinhalb Monaten Verhandlungspause eine Übereinkunft erzielt. Ein finaler Text der vorläufigen Einigung zum EuGBS liegt noch nicht vor, jedoch ist bereits bekannt, bei welchen Themen sich die beiden Parteien verständigen konnten:
- Transparency: Wer grüne Wertpapiere emittieren möchte, soll das EuGBS-Label nutzen können, aber nicht müssen. Andere grüne Wertpapiere (beispielsweise Emissionen gemäß der ICMA Green Bond Principles) sowie Sustainabililty-linked Instrumente können im Markt neben dem EuGBS-Label koexistieren.
- Flexibility Pocket: Emittenten können 15 Prozent der Erlöse aus der Begebung eines Wertpapiers nach dem EuGBS für die Finanzierung wirtschaftlicher Tätigkeiten nutzen, die bis auf Weiteres noch nicht von der Taxonomie hinreichend erfasst werden.
- Grandfathering: Für alle Wertpapiere nach dem EuGBS soll ein Bestandschutz von sieben Jahren gelten. Folglich führt eine Weiterentwicklung der Taxonomie nicht zu einem Verlust des EuGBS-Labels und der 100 %igen Anrechenbarkeit auf einschlägige „grüne“ KPIs.
- Supervision: Um Greenwashing so effektiv wie möglich zu unterbinden und Marktintegrität zu sichern, schaffen Rat und Parlament ein Registrierungssystem und einen Aufsichtsrahmen für External Reviewer.
Die Eckpunkte der Einigung klingen praxisnah. Was sich daraus für die zukünftige Behandlung von Verbriefungen im Kontext des EuGBS ergibt, ist noch offen.
Die augenscheinlich besonders hohe Sensibilität von Rat und Parlament sowie Kommission bezüglich der Themen Transparenz und Greenwashing lässt vermuten, dass die EU bei der Behandlung von Verbriefungen im EuGBS Gründlichkeit vor Schnelligkeit walten lassen möchte. Bereits im November letzten Jahres hat die EBA einen Call for Evidence zu möglichen Arten von Greenwashing gestartet, um die Kommission zu diesem Thema beraten zu können (s. TSI kompakt vom 16.01.2023). Derzeit konsultiert die EBA hierzu insbesondere zu den Themen Green Loans and Mortages.
Ausblick
Ein tieferes Verständnis über mögliche Risiken für Markttransparenz und -integrität durch Greenwashing könnte zudem helfen, unterschiedliche Positionen innerhalb und zwischen den Ko-Gesetzgebern hinsichtlich spezifischer Transparenzanforderungen für Verbriefungen im EuGBS zu überwinden. Dieser Prozess wird Zeit brauchen. Dazu passt, dass sich alle Seiten im Trilog darauf verständigt haben, den EuGBS erst ein Jahr nach Inkrafttreten anzuwenden. Das wäre dann nicht vor Sommer 2024.
Wir halten Sie insbesondere zum Thema Verbriefungen im European Green Bond Standard auf dem Laufenden.