Am 5. Oktober hat das Europäische Parlament die Verordnung „Europäische grüne Anleihen“ in erster Lesung beschlossen. Die Entscheidung erfolgt im Wesentlichen vor dem Hintergrund der informellen Einigung der EU-Gesetzgeber im Trilogverfahren zum European Green Bond Standard (EuGBS) als freiwilligen Standard für die Begebung von Anleihen (siehe TSI kompakt vom 02.05.2023). Hinsichtlich der Verwendung der Erlöse einer Emission (Use-of-Proceeds) folgt das Europäische Parlament dem Vorschlag der EBA, bei Verbriefungen auf den Originator statt dem Issuer abzustellen (siehe TSI kompakt vom 14.10.2022).
Wesentliche Merkmale des EuGBS aus Sicht des Verbriefungsmarktes
Verbriefungen werden im EuGBS in den Artikeln 16-19 behandelt:
- Bis zu 15 % der Erlöse einer Verbriefung nach dem EuGBS kann der Originator für Wirtschaftstätigkeiten verwenden, für die zum Zeitpunkt der Begebung des Wertpapiers noch keine technischen Bewertungskriterien der Taxonomie-Verordnung vorliegen.
- Der Pool an verbrieften Assets soll keine Risikopositionen umfassen, welche Arbeiten mit fossilen Brennstoffen finanzieren (darunter fallen die Exploration, der Abbau, die Förderung, die Herstellung, die Verarbeitung, die Lagerung, die Raffination oder der Vertrieb, einschließlich Transport und Handel).
- Verbriefungen nach dem EuGBS sind wegen einer Prospektpflicht praktisch nur für öffentliche ABS möglich; Syntheten sind bis auf Weiteres ausgeschlossen.
- Der Originator einer Verbriefung muss zusätzliche Informationen über die Taxonomiefähigkeit, die Taxonomiekonformität und die Einhaltung des Grundsatzes „Do No Significant Harm“ (DNSH) in Bezug auf die durch die verbrieften Risikopositionen finanzierten Tätigkeiten bestmöglich offenlegen.
Änderungen gegenüber der informellen Einigung im Trilog von Anfang Mai
Im Vergleich zum Trilogentwurf (siehe TSI kompakt vom 02.05.2023) sieht der vom Europäischen Parlament beschlossene Gesetzestext nunmehr 30 statt 18 Monate für den Aufbau eines gesetzlichen Rahmenwerks für unabhängige Drittparteiverifizierer (External Reviewer) im EuGBS vor. Details soll die Europäische Kommission im Zuge einer Delegierten Verordnung verabschieden.
Weitere Schritte
Der Rat der Europäischen Union („Ministerrat“) muss als Ko-Gesetzgeber noch dem Text des Europäischen Parlaments zustimmen. Dies geschieht sehr wahrscheinlich im Laufe dieses Quartals. Im Anschluss daran wird der EuGBS im Amtsblatt veröffentlicht und ist dann 20 Tage später rechtskräftig. Diese Verordnung wird aber erst 12 Monate später angewandt. Wir gehen daher davon aus, dass der EuGBS spätestens zum 1. Januar 2025 wirksam wird. Darüber hinaus wird der Zeitplan bis hin zur ersten Wertpapieremission nach dem neuen EuGBS allerdings noch dadurch bestimmt, wann die Europäische Wertpapieraufsichtsbehörde ESMA die technischen Standards für unabhängige Drittparteiverifizierer näher spezifiziert – hier dürfen wir gespannt sein.
Vom Europäischen Parlament beschlossene Verordnung zum EuGBS