Die ESMA hat den europäischen Verbriefungsmarkt analysiert. Basis sind Daten der Verbriefungsregister zum Stichtag 31. Dezember 2022. Die Analyse konzentriert sich im Wesentlichen auf öffentliche ABS, die seit Einführung der Verbriefungsverordnung 2019 emittiert wurden, „UK-Verbriefungen“ werden nicht berücksichtigt. Die ESMA ist sich bewusst, dass die Aussagekraft der Analyse durch diese technisch detaillierte Betrachtung eines speziellen Segments über einen begrenzten Zeitraum nur sehr gering ausfällt. Unter anderem eine Berücksichtigung von Bestandstransaktionen (emittiert vor 2019) sowie des Private/ABCP-Segments hätte ein umfassenderes Bild der aktuellen Marktlage zeichnen können, siehe auch den aktuellen Report der European Benchmark Exercise („EBE“; siehe TSI kompakt Artikel vom 20. September 2023).
Rückschlüsse auf Entwicklung des Verbriefungsmarktes limitiert
Die Detailanalyse des öffentlichen ABS-Markt in Europa hätte von einer größeren Datengrundlage profitieren können:
- In der Analyse ist ein wachsender Markttrend zu beobachten. Tatsächlich wächst der öffentliche Gesamtmarkt im langfristigen Trend jedoch nicht, wie z. B. den AFME Securitisation Data Reports zu entnehmen ist.
- Die Auswertung der Herkunftsländer der Emittenten ist fragwürdig, da bei der Wahl des Sitzlandes des Emittenten nicht-risikorelevante Faktoren, wie z. B. steuerliche Aspekte im Vordergrund stehen.
- Die hohe Konzentration von Verbriefungen auf die Top 5 Originatorenländer spiegelt eher die Größen der Volkswirtschaften wider und ist somit eine Konsequenz aus den hohen Regulierungskosten für Emittenten aus kleineren Märkten. Siehe hierzu auch den kürzlich erschienenen Abschlussbericht zur Deutschen Verbriefungsplattform.
- Auch die festgestellte hohe Variation in den Transaktionsvolumen ist wenig überraschend und besitzt keine Aussagekraft hinsichtlich der Risikobewertung des Marktes.
- Die Analyse der Default-Raten der unterliegenden Forderungen ist aufgrund des kurzen Zeitraums (inklusive Sondereffekten wie Coronapandemie und Ukraine-Krieg) nicht aussagekräftig.
Auswertung der STS-Verbriefungen führt teilweise zu unzutreffenden Schlüssen
In einem zweiten Teil der Marktanalyse wechselt die ESMA vom öffentlichen Gesamtmarkt zum STS-Segment – nun unter Berücksichtigung der Segmente Private/ABCP und Syntheten. Die Auswertungen wechseln aufgrund fehlender Daten von Volumen auf Stückzahlen und die Rückschlüsse berücksichtigen nicht die Ergebnisse der EBE-European Benchmark Exercise:
- Die ESMA beschreibt in ihrem Report Nicht-STS Verbriefungen als „komplexere, undurchsichtigere und risikoreichere Investments“. Die Erfüllung der STS-Kriterien ist jedoch nicht mit Risikoaspekten einer Transaktion korreliert. Wenn Transaktionen nicht die STS-Kriterien erfüllen, liegt dies zumeist an den mit den STS-Kriterien verbundenen hohen Kosten. Es gibt keine Hinweise darauf, dass die Ausfallraten von Nicht-STS-Verbriefungen höher sind als bei STS-Verbriefungen.
- Der Report verzeichnet einen starken Rückgang von STS-Verbriefungen seit 2020, welcher jedoch tatsächlich nur einen Rückgang von STS-Notifikationen darstellt. Das EUR-Volumen sowie der Anteil von STS-Transaktionen am Marktvolumen wachsen kontinuierlich. Auch hier lohnt ein Blick in den aktuellen EBE-Report, der ein umfassenderes Bild des privaten STS-Marktes zeigt.
- Der festgestellte Marktwachstum von synthetischen Verbriefungen steht zwar im Einklang mit den jüngsten Zahlen der EZB (siehe TSI kompakt Artikel vom 31. August 2023). Jedoch gilt dies nicht zwingend für STS-Verbriefungen: Der neue Draft-RTS zur Homogenität führt aller Voraussicht nach zum Ausschluss von gemischten Portfolien mit SME- und Large Corporate-Krediten unter STS. Zudem ist bei synthetischen Verbriefungen ein Trend zu Nicht-STS-Verbriefungen zu beobachten, da hier wieder vermehrt Rückversicherer als Investoren auftreten. Diese erzielen durch STS keinerlei Erleichterungen hinsichtlich ihrer Eigenmittelanforderungen. Dies bedeutet allerdings keinen Anstieg der Komplexität und des Risikos dieser Transaktionen.
Fazit
Die Marktanalyse der ESMA hätte von einem Austausch mit dem Markt sowie weiteren Datenquellen profitiert. Aufgrund der eingeschränkten Datengrundlage wird ein unvollständiges Bild des europäischen Verbriefungsmarktes gezeichnet.