Es gibt Themen, die wie das Ungeheuer von Loch Ness immer wieder hochkommen und die Schlagzeilen füllen. Man kann sich noch so sehr bemühen sie rational zu widerlegen. So scheint es auch mit dem Thema Risikoeinbehalt bei Verbriefungstransaktionen zu sein. Nach den STS-Verbriefungsvorschlägen der EU-Kommission vom 30. September 2015, der Stellungnahme des EU-Rates hierzu vom 1. Dezember 2015 folgte am 6. Juni 2016 die Veröffentlichung der ersten Resolutionsentwürfe zweier Berichterstatter (Paul Tang und Pablo Zalba Bidegain) des EU–Parlaments zum Thema STS-Verbriefungen. Ein mittlerweile schon uralter Hut – mehrfach von EU-Kommission, CEBS und EBA selbst widerlegt – ist die Erhöhung des Risikoeinbehalts über die 5 % hinaus. Die Forderung taucht jetzt wieder in dem Tang-Report als Forderung nach 20% Risikoeinbehalt für STS-Verbriefungen wieder auf.
Im Kern wurde das Argument bereits 2009/2010 bei der Einführung der Risk Rentention im Rahmen der CRD II argumentativ von der EU-Kommission und CEBS ausführlich behandelt und verworfen:
So geht die EU-Kommission in ihrem REPORT FROM THE COMMISSION TO THE COUNCIL AND THE EUROPEAN PARLIAMENT – EXPECTED IMPACT OF ARTICLE 122A OF DIRECTIVE 2006/48/EC vom 28.05.2010 detailliert darauf ein und führt aus warum die 5 % ausreichend sind. So heißt es hier “For relatively transparent securitisations where the informational disadvantage of investors is small, the moderate 5% minimum may actually constitute the adequate level. In those instances, a higher minimum retention requirement could constitute an unnecessary regulatory constraint for market participants. An unnecessarily high minimum retention requirement may have real costs connected to it if different potential issuers of securitisations face markedly different cost of funding. In that case, a higher than necessary retention requirement could potentially imply that certain non-bank issuers would find securitisations not an attractive business model anymore, meaning that they leave the market and thereby reduce competition among lenders.” (Bericht S. 6)
Des Weiteren nimmt sich CEPS, die damalige Spitzenorganisation der europäischen Aufseher des Themas, in dem CEBS-Bericht vom 1. November 2009 CALL FOR TECHNICAL ADVICE ON THE EFFECTIVENESS OF A MINIMUM RETENTION REQUIREMENT FOR SECURITISATIONS an. Das umfangreiche Gutachten kommt zu dem klaren Schluss: “The 5% number should not be changed … because CEBS cannot produce evidence that any other single number would result in better alignment of (economic) interest between originators and investors.” (Bericht S. 41)
Der europäische Gesetzgeber hat in Art. 512 CRR darüber hinaus seinerzeit die EU-Kommission verpflichtet, dem Europäischen Parlament und dem Rat einen Bericht über die Anwendung und Wirksamkeit der Bestimmungen zu Verbriefungen einschließlich der Selbstbehaltsregelungen vor dem Hintergrund der Entwicklung der internationalen Märkte vorzulegen. Die EU-Kommission hat die EBA dazu in einem Call for Advice gebeten, die Anwendung und Wirksamkeit der Bestimmungen zu Verbriefungen einschließlich der Selbstbehaltsregelungen zu überprüfen. Die EBA hat in ihrem Bericht „EBA report on securitisation risk retention, due diligence and disclosure” vom 22. Dezember 2014 eine Reihe von Empfehlungen ausgesprochen. Eine Erhöhung der Selbsbehaltsquote gehörte nicht zu den Empfehlungen. Insofern ist davon auszugehen, dass die EBA die heute geltende Selbstbehaltsquote von 5% weiterhin als angemessen ansieht und deshalb auch keinen diesbezüglichen Handlungsbedarf identifiziert hat. Da inzwischen – sieben Jahre nach den ersten Diskussionen und Einführung der CRD II – keine neuen Erkenntnisse aufgekommen sind, sondern sich im Gegenteil die hervorragende Performance europäischer Verbriefungen unter Beweis gestellt hat, was auch von EBA und EU-Kommission in ihren einschlägigen Papieren von 2016 zur Kapitalmarktunion und STS-Verbriefung Anerkennung fand, gibt es wirklichen keinen ernsthaften Grund eine Revision der Risk Retention ins Auge zu fassen.
Zu den Dokumenten im Überblick:
EBA report on securitisation risk retention, due diligence and disclosure vom 22. Dezember 2014